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7. Tulku Thondup Rinpoche zum Thema: Padmasambhava

 Bild von Katharina Winkelmann, Hamburg

Guru Padmasambhava ist der Gründer des Buddhismus in Tibet und die Quelle der Termatradition der Nyingma. Er ist gemeinhin bekannt als Guru Rinpoche, der Kostbare Lehrer. Die Nyingmapas respektieren ihn als den zweiten Buddha - er nimmt nach dem Buddha den zweiten Rang ein.

Guru Padmasambhava ist eines der außergewöhnlichsten Wesen in der Geschichte der buddhistischen Heiligen, er besaß unbegrenzte erleuchtete Kraft. Er war eine Manifestation der Erleuchteten in der Form eines großen esoterischen Praktizierers und Meisters. Er wurde von keiner Frau geboren, sondern erschien auf wunderbare Weise in einem Lotus. Er führte ein asketisches Leben, übte sich und erreichte Vervollkommnung in den esoterischen Belehrungen des Buddhismus und unterrichtete zahllose Anhänger im esoterischen Zugang zur Erleuchtung, indem er zu verschiedenen Zeiten verschiedene Formen annahm. Er erreichte die Errungenschaft der Unsterblichkeit, behielt den gleichen Körper bei und machte sich sichtbar, wo und wann immer es für die Wesen angemessen war.

Guru Padmasambhava wurde in einem Lotus im Milch-Ozean im Lande Oddiyana geboren. Moderne Gelehrte glauben, daß es sich dabei um das Swat-Tal in Pakistan handelt. Er wurde acht Jahre nach dem Tod des Buddha geboren. Durch seine esoterische Praxis erreichte er Unsterblichkeit und im neunten Jahrhundert, im Alter von mehr als tausend Jahren, reiste er nach Tibet und erschien immer noch jugendlich. Seine Anhänger glauben, daß er sich noch im gleichen Körper im Kupferfarbenen Berg befindet, einem manifestierten reinen Land im Zentrum des Camara-Subkontinents und daß er von realisierten Menschen gesehen werden kann.

Nach Padmasambhavas Lotusgeburt, fand König Indrabodhi von Oddiyana ihn im Milch-Ozean und brachte ihn in seinen Palast. Der König, der keinen Erben hatte, machte ihn zu seinem Kronprinzen. Schließlich heiratete er Kha dro Od chang ma, doch er bat den König, ihm zu erlauben, das Königreich aufzugeben und das Leben eines Asketen führen zu dürfen. Als der König dies verweigerte, wandte er ein geschicktes Mittel an. Der Sohn eines bösen Ministers war aufgrund der Auswirkungen seines früheren Karmas zum Sterben bestimmt. Padmasambhava konnte dies sehen und so tötete er den Knaben beim Spielen. Gemäß dem Gesetz wurde Padmasambhava auf einen Friedhof verbannt, wo er endlich in der Lage war, die esoterischen Belehrungen zu erhalten, die er sich gewünscht hatte und praktizierte sie. Er erhielt Einweihungen von Weisheitsdakinis, Kha dro Zhi wa tsho und Vajravarahi. Dann besuchte er verschiedene Lehrer bei denen er Medizin, Astrologie, Logik und Kunst studierte. Er wurde von Acnarya Prabhahasti zum Mönch geweiht. Er lernte Vinaya von Ananda und Tantras inklusive der Mahasandhi von Prahevajra, Srisinha, Manjusri, Nagarjuna, Humkara, Vimalamitra und Buddhaguhya, welche alle verwirklichte Meister waren. Durch die Praxis dieser Belehrungen manifestierte er sich als gänzlich vollkommener Heiliger.

Dann besuchte Guru Padmasambhava das Königreich von Sahora. Er ging zu dem Konvent, in dem Prinzessin Mandarava und ihre Hofdamen als Entsager lebten. Er gab ihnen esoterische Belehrungen und nahm sie als seine Schülerinnen an. Der König verdächtigte ihn, eine verbotene Beziehung mit der Prinzessin zu haben und verurteilte Guru Padmasambhava zum Tode durch Verbrennen. Doch anstatt vom Feuer verbrannt zu werden, verwandelte der Guru es in einen See voller Lotusblumen. Der König und sein Gefolge wurden seine Anhänger und er nahm Prinzessin Mandarava als seine spirituelle Gefährtin an. Guru Padmasambhava ging mit Mandarava zur Maratika-Höhle, die im heutigen Nepal gelegen ist, um Tantra zu praktizieren. Sie beide erreichten die Fähigkeit der Kontrolle über das Leben.

Dann ging Guru Padmasambhava mit seiner Gefährtin nach Oddiyana. Dort erkannte ihn der böse Minister, dessen Sohn getötet worden war. Der König befahl, daß Padmasambhava bei lebendigem Leibe verbrannt werden sollte. Doch er verwandelte das Feuer in einen See und in seiner Mitte saßen er und Mandarava in einem riesigen Lotus. Der König und das gesamte Land wurden seine Anhänger und er blieb dreizehn Jahre dort als Kaplan des Palastes. Er gab viele tiefgründige esoterische Belehrungen, inklusive der Ka dü chö kyi gya tsho.

Von dort aus ging er wieder nach Nepal und mit der Unterstützung seiner spirituellen Gefährtin, Prinzessin Sakyadevi erreichte er die höchste Errungenschaft durch die profunde Praxis der Sadhanas der Gottheiten Yang dag (Vajraheruka) und Dorje Phur pa (Vajrakila) in der Yang le shöd-Höhle, die jetzt als Palphing bekannt ist.

Bei der De ched Tseg pa Stupa begegnete er den acht Weisheitshaltern. Jeder der acht großen Weisheitshalter entdeckte eine der Schriften der acht großartigen Gottheiten und Guru Padmasambhava entdeckte den Text mit den zusammengefaßten Belehrungen der acht großartigen Gottheiten, bekannt unter dem Namen De sheg Du pa. Er erhielt auch die Übermittlung der Belehrungen über die acht großartigen Gottheiten von den authorisierten Entdeckern jener Belehrungen.

Guru Padmasambhava besuchte auch viele Teile des indischen Subkontinents so wie Hurmuja (eine kleine Insel in Oddiyana), Sikodhara, Dhanakosa, Rukma, Tirahuti, Kamaru, Tharu, Campa Khasya, Trilinga in Südindien, Kanchi und Magadha in Zentralindien. Er zerstreute Hindernisse und gab Belehrungen und Einweihungen an eine Vielzahl von Schülern menschlicher und auch nicht-menschlicher Herkunft.

Es ist wichtig hier anzumerken, in Die Geschichte von Kha dro nying thig wird gesagt: "Dann ging der große Meister (Guru Padmasambhava) im Körper der Großen Transformation nach Tibet."

Verwirklichte Praktizierende der Großen Perfektion können ihren Körper durch spezifische Praktiken in einen Vajrakörper verwandeln, genannt der Körper der großen Transformation, und haben die Fähigkeit, so lange sie wollen zu verweilen, ohne zu sterben. Sie sind für andere sichtbar, wenn sie es wünschen oder wie es angemessen ist. Somit lebte Guru Padmasambhava etwa eintausend Jahre bevor er nach Tibet kam, und das war nur durch seine spirituellen Errungenschaften möglich. So kam er gemäß dem Text Die Geschichte von Khan dro nyig thig, im Körper der Großen Transformation nach Tibet.

Im neunten Jahrhundert wurde König Thri srong Deutsen ein sehr machtvoller Herrscher in Tibet. Unter seiner Herrschaft nahmen tibetische Streitkräfte Ch'ang an, die Hauptstadt der Tang Dynasty Chinas ein und sie stießen sogar bis nach Maghada in Zentralindien vor. Der König war ein machtvoller weltlicher Herrscher und auch zutiefst dem Buddhismus ergeben. Er lud Santaraksita, den Abt von Nalanda nach Tibet ein, um das Kloster Sam ye zu erbauen und den Buddhismus in Tibet einzuführen. Doch durch den Einfluß der bösen Minister des Königs und wegen örtlicher Geister, wurde es unmöglich, diese Dharmaprojekte in die Tat umzusetzen. In Einklang mit einer Prophezeiung Santaraksitas lud der König Guru Padmasambhava nach Tibet ein, der zu dieser Zeit als der machtvollste tantrische buddhistische Meister in Indien berühmt war. Durch seine erleuchtete Macht befriedete und unterwarf er schnell alle gegnerischen Mächte, die die Einführung des Buddhismus und die Konstruktion von Kloster Sam ye zu verhindern suchten. Das Kloster bestand aus einem Haupttempel, zwölf kleineren Tempeln und vier großen Stupas, die von einer hohen Mauer mit 108 kleinen Stupas umgeben waren. Es war das Zentrum, von dem sich der Buddhismus in alle Teile Tibets ausbreitete.

Guru Padmasambhava gab esoterische Belehrungen und Einweihungen des Vajrayana an hunderte von Schülern, einschließlich der "fünfundzwanzig, König und Untertanen". Mit seiner Gefährtin Kha dro Ye she Tsho gyal reiste er durch seine wunderbare Kraft durch Tibet und praktizierte Tantra, tat Wunder, gab Belehrungen und segnete hunderte von Höhlen, Bergen, Seen und Tempeln als heilige Orte. Er verbarg Tausende von Termas an vielen Orten zum Nutzen seiner zukünftigen Nachfolger. Hunderte von Tibetern, die von ihm Belehrungen erhielten, erreichten die Verwirklichung.

Es gibt verschiedene Berichte über die Dauer des Aufenthalts von Guru Padmasambhava in Tibet, doch die meisten Gelehrten der Nyingma stimmen darin überein, daß er fünfundfünfzig Jahre und sechs Monate in Tibet blieb und Tibet in eines der reichsten Länder des esoterischen Buddhismus verwandelte. Während der Herrschaft des Königs Mu thri Tsen po verließ er schließlich im Jahre 864 Tibet, um zum Subkontinent Camara zu gehen. Dabei vollbrachte er die großartigsten Wunder und ritt an einer Stelle, die Kong thang Pass heißt, in Gegenwart von tausenden von Menschen, die gekommen waren, um ihn zu verabschieden, auf einem Pferd durch die Luft.

 


 

***08/2002 ar
entnommen aus
"Die verborgenen Schätze Tibets, Eine Erklärung der Termatradition der Nyingma-Schule des Buddhismus"

von Tulku Thondup
mit freundlicher Genehmigung des Theseus Verlag, Berlin, erschienen 1994.
Übersetzt aus dem Amerikanischen von Jomo Gudrun.

Titel der amerikanischen Originalausgabe: "Hidden Teachings of Tibet, An Explanation of the Terma Tradition of the Nyingma School of Buddhism" erschienen 1986 bei Wisdom Publication, Boston, USA

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