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Frauke am 4.8.2011

Hallo liebe Sangha,

aaaaaahhhhhh wir muessen bald unbedingt zurueck nach Deutschland fliegen. Das Klopapier geht aus! Langsam beginne ich vertrautes aus Deutschland zu vermissen. So'n schicker Sanitaertempel hat schon was, auch wenn da nicht unbedingt beim Duschen - ganz praktisch - auch gleich seine Klamotten waescht. Bin gerade ziemlich k.o. da wird man quengelig. So richtig auf den Keks geht mir dieser mega-mueffilige Monsunpilz, der sich in windeseile auf alles niederlaesst und ruecksichtslos einmueffelt. Vor ein paar Tagen schien die die Sonne. Gut fuers Decken waschen. Herrlich frischer Geruch, leider nur fuer eine Nacht. Morgens mueffelte schon wieder alles. Zur Zeit kaempfe ich mit intensivsten Raeucherstaebchen gegen an und traeume schon davon, wie ich am superschicken neuen Indira Gandhi Airport in Delhi mit Frauke im Rohlstuhl um die Paahrfoeng-Tische in der grosszuegig eingerichteten Duty free Area heize.

Da Schinkenbrot als Objekt des Geistes liegt natuerlich auch nicht ganz so fern. Seit Barbaras Tip, das Pamm Restaurant aufzusuchen, geistert ein Grillhaehnchen durch mein Bildbewusstsein. Heute wars soweit, aber anders als man denkt. Offenbar koennen die an Gewuerze gewoehnten Inder sich beim besten Willen keinen Brathahn vorstellen, so dass da doch ne Ladung Masala dran sein musste.

Die vielen Mueckenstiche koennen auch ganz schoen nerven. Soviel kann man gar nicht vorbeugen. Eine der groessten geistigen Erkenntnisse aeussert sich in der Wertschaetzung gegenueber von Pedikuere und endlich mal sauberen Fuessen.

Das Flugdatum steht jetzt fest. Wir kommen am 30.8. zurueck. Die genauen Daten geben wir noch durch. Morgen geht es nach Darjeeling ins DIB Office, wo Fraukes Passport den Stempel unserer Wuensche erhalten wird: Visum verlaengert! Der Superintendent (SP) der Polizei in Darjeeling und die Officers in Siliguri sind wirklich sehr nett und hilfsbereit. Sie nehmen regen Anteil an Fraukes Schicksal; erkundigen sich nach ihrem Wohlergehen. Diese Woche war fuer die Polizei recht stressig, weil Dienstafg in Siliguri ein Streik stattfand als eine sehr scharfe Kritik an die Polizei selbst. Bei einer moerderischen Schiesserei am Sonntag kamen zwei Maenner aus dem Metier der Grosshaendler zu Tode. Die Polizeikritiker sehen einen Zusammenhang mit Schutzgelderpressung und werfen der Polizei Untaetigkeit vor, die erst zu diesem Drama gefuehrt habe. Trotzdem hat der SP mit mir telefoniert.

Von Frauke soll ich Euch allen ihre Gruesse ausrichten. Ihr faellt als Botschaft immer wieder nur das eine ein, naemlich wie sehr Eure Hilfe sie ueberwaeltigt und wie Euch dafuer ist. Sie empfindet die Sangha wie eine Familie. Wenn sie so etwas sagt, dann sieht und spuehrt man, wie Nahe ihr dies geht, wie sehr sie von Eurer Hilfe beruehrt ist. Jeden Tag geht es ein Minimaeuseschrittchen bergauf. Einfach unglaublich, wie sehr so ein menschlicher Koerper entkraeftet sein kann. Es ist aber ebenso unglaublich, wieviel Regenerationskraft in einem Menschen steckt. Seltsam, irgendwie entfaltet sich der Zauber des Lebens selbst in in den miserabelsten Momenten, die man sich so denken kann. In jeden Moment koennen sich die "Geschenke" des Lebens offenbaren, und das in Form banalster Ereignisse wie der Zeitungsartikel zur rechten Zeit, die Gelegenheit loszulassen, zu erkennen, zu lieben, zu geben, anzunehmen, zu vertrauen, die hilfreiche Begegnung zu rechten Zeit. Eigentlich sind es immer solche banalen Momente, die man nicht zum Gespraechsgegenstand mit Freunden macht, weil es einfach keine fertig gebackenen Stories sind bzw sich noch nicht als solche zeigen, aber auf jeden Fall das Herz IMMER tief beruehren, auch wenn es sich dabei nur um Sekunden handelt.

Hierzu zaehlt auch das "Hallo-Kuckuck-guten-Morgen, guten-Abend-Mantra - SSSSiilliguri" auf dem taeglichen Gang durchs Dorf. So sompel und doch so wirksam, um mit Menschen in Kontakt zu kommen. Von Zeit zu Zeit moechten einige Frauen, die dicht bei der Gompa leben, den Weg zusammen mit mir gehen, wenn sie mich treffen. Die Kinder haben ihren Spass. Die Teenager kichern und machen sich bestimmt auch lustig. Wenn ich muede zurueck zum Gompaland dacke, dann gruessen mich ploetzlich die Leute. Das geht echt zu Herzen. Weder muss man sich fuer diese Art von Begegnung mit irgendwelchen Leistungen noch mit irgendeinem Geschnacke ueber sein tolles Ich und seiner Story produzieren. Diese sehr schoene Erfahrung habe ich Fraukes Leiden zu verdanken, dass mir erst ermoeglicht ueber 60 mal den Weg hin und her zu laufen. Es bietet mir auch Schutz. Ich bin nicht irgend eine Torte, sondern ich helfe meiner Freundin und dazu fahre ich jeden Tag nach Siliguri, wie sie sehen koennen. Das findet Respekt und dehalb werd eich auch nicht bloed angequatscht. Hierdurch bedingt sehe ich soziale Aengste und ihre destruktive unglueckliche Kraft doch auch noch mal aus einer anderen Perspektive. Schuechternheit gehoert ueberwunden und geheilt.

Kuerzlich habe ich die Massi so sehr gelebt. Und was passierte? Schwubs war sie ploetzlich weg, versetzt in eine andere Abteilung. Da mussten wir erstmal wieder die Massi zurueck fordern, ohne die neue dabei zu verletzen. Ist schon doof, wenn die ploetzlich aus dem 5-Bett-zimmer vor den Augen aller wegdackeln muss. Hm, besser nicht eingmischt haben wir uns in die Schichtregelung. Damit saeht man Streit unter den Kollegen. Die Massi uebernimmt nun die Nachtschicht, und ehemalige Nachtmassi ist jetzt am Tage bei Frauke. Zuerst schien es eine Kroete zu sein, die wir aus Fairness besser schlucken, doch dann entpuppte sich dies als Geschenk. Die jetzige Nachtmassi ist etwas strenger und hat einen stabileren Griff, was nun zur Folge hat, dass Frauke 2 Minuten nach dem Aufwachen auch gleich ins Sitzen kommt fuer ca. 45 Minuten. Etwas besseres kann ihr gerade gar nicht passieren.

Hihi, ich weiss jetzt, wo der Weihnachtsmann Urlaub macht. Natuerlich in Siliguri, jedenfalls wenn der Inder mit dem vollen schneeweissen Rauschebart auf dem Fahrrad auch der Weihnachtsmann war. Oder der Weihnachtsmann wurde ausgesourct und durch einen Niedriglohnweihnachtsmann auch Westbengalen ersetzt. Armer Weihnachtsmann, hat keine Gewerkschaft hinter sich. Gleich danach ist mir ein Inder in voller Kali-Montur ueber'n Weg gelaufen, mit hellbaluen Gesicht und ausgestreckter roter Pappzunge. Voll Deathmetal! Naja, bei den vielen (ca.  1000) Kinderzeichnungen im neuen City Center zu den Berufswuenschen der kleinen, war weder ein Niedriglohnweihnachtsmann noch ein Kaligespenst anzutreffen. Doch Scherz beiseite. Diese Ausstellung, Ergebnis eines fett umworbenen Wettbewerbes hat's schon in sich, allein durch die hohe Teilnehmerzahl bedingt durch ganze Schulklassen. Viele wollen Lehrer oder Aaaarzt werden. Popstars und Taenzer sind natuerlich auch dabei, nicht zu vergessen die Piloten, Astronauten und Autobauer. Viele der meist 11-jaehrigen Kinder koennen sich zeichnerisch richtig gut ausdruecken mit einer Vorliebe fuers Detail. Zwischen 9 und 11 findet ein richtiger Qualitaetssprung statt, so als waere Kunsterziehung eine wichtige Sache. Echt beeindruckend. Mich beeindruckt sowieso die junge Generation hier, die voll von Lebenskraft, Selbstvertrauen und Zuversicht zu sein scheint. Angesichts der vielfaeltigsten Meckereien in Deutschland zu allem und jenem gepaart mit einem abnormal grossen Problembewusstsein, fuehle ich mich ein wenig beschaemt. In Deutschland wuensche ich mir auch mehr Menschen, die optimistischer ins Lebens blicken.

Zum Schluss heute ein wenig Katzensamsara; Kuerzlich war icht echt zu faul aufzustehen, weil die beiden Katzen rechts und links neben mir so friedlich und hingebungsvoll geschlafen haben. Zu suess. Aufstehen haette diesen schoenen Anblick sofort zerstoert. Dann wollen sie naemlich sofort Cracker haben, streiten darum und fauchen sich auch mal an. Aber wenn sie gerade mal nicht um etwas konkurrieren und einen schoenen Platz gefunden haben, dann koennen sie ihr Wohlsein so ungleublich anruehrend zeigen. Wie schoen. Ich kann das nicht so gut. Zwei Tage war die Katze woanders unterwegs. Die Crackersorte passte ihr u.a. nicht. Es sah aus, als haette der rotgetigerte Kater Mindrol das rennen gemacht. Er nahm einen so richtig saubequemen Platz ein, stellte seine Augen auf "Schlitz" bereit zum Kraueln. Miau, da kam die andere Katze ins Zimmer und hat den schnurrigen Kater sofort den Morgen total verdorben. Sofort wurde abgecheckt, wer welchen Raum einnehmen darf. Die Katze scherte sich gar nich darum und nahm wiederum ihren Stammplatz ein, wo sie sich fast schon lasziv provokativ pautze. Katerchen war echt beleidigt. Er erstarrte zu einem Porzelankater. Kein Reden half. Ab und an ein anklagendes, kurzes Mau inklusive einer Versteckaktion unter dem Bett. Pusch, pusch puschi ei hat erst nach vielen Minuten geholfen. Es war irgendwie suess. Wir Menschen machen das genauso. dann ist es meist aber nicht so suess. Meist ist dann Drama angesagt. Immer, wenn ich sowas wie diese Katzenszene sehen, dann frage ich mich, ob un dwie Rinpoche uns wohl zu seinen Lebzeiten wahrgenommen hat. Unser vielfaeltiges Neurotica-Repertoire muss ihm ja wohl auch irgendwie suess erschienen sein. Hm.

So, es wird dunkel. Zeit fuer das Gompaland.

Herzliche Gruesse
Astrid
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